Für Jörg Gasser, Direktor des ASB, müssen Schweizer Banken keine Angst haben, mit innovativen kleinen Fintech-Unternehmen zusammenzuarbeiten.
Datenökonomie, Cybersicherheit, nachhaltige Finanzen sowie Marktzugang in der Europäischen Union waren unter anderem die Themen, die der Verband Schweizerischer Bankiers (ASB) am Donnerstag an seiner gestrigen Jahrespressekonferenz in Zürich diskutierte. Überblick mit Jörg Gasser (JG), Direktor des ASB, und Herbert J. Scheidt (HJ), dessen Präsident seit 2016, der am Donnerstag sein letztes Angebot für die Rolle abgegeben hat, bevor er den Staffelstab an Marcel Rahner, den neuen Präsidenten der FSU ab Freitag, 17. September.
Werden Schweizer Kunden ihre Zahlungen online mit Smartphones mit Twint oder Systemen wie denen von Apple Pay oder Google Pay durchführen?
Der ASB betont, dass die Datenwirtschaft heute ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Zukunft der Branche ist. Der Datenaustausch ist grundlegend für die Entwicklung nicht nur digitaler und persönlicher Produkte und Dienstleistungen, sondern auch innovativer Geschäftsmodelle. Somit sind das Konzept des „Open Banking“ und die Zusammenarbeit mit Finanztechnologieunternehmen („Fintech“) zwei vielversprechende Bereiche für den Schweizer Finanzplatz. Riskieren traditionelle Bankinstitute durch die Zusammenarbeit mit neuen Akteuren der Branche wie Fintech nicht den Abbau ihrer eigenen Aktivitäten?
Jörg Jacir (JG): Dies ist natürlich eine wichtige Herausforderung. Die viel größere Herausforderung liegt meiner Meinung nach jedoch nicht darin, dass die verschiedenen Fintech-Unternehmen innovative Dienstleistungen in verschiedenen finanzbezogenen Geschäftsbereichen anbieten, sondern in der Konkurrenz von „Big Tech“. Es stellt sich zum Beispiel die Frage, ob Schweizer Kunden ihre Zahlungen online mit dem Smartphone mit Twint oder mit Systemen wie Apple Pay oder Google Pay leisten. Wie wichtig ist es zukünftigen Kunden, was als nächstes mit ihren Daten passiert, wenn sie mit diesen verschiedenen Apps bezahlen? Das sind Herausforderungen, die über den Bankensektor allein hinausgehen, aber auch echte gesellschaftliche Fragen aufwerfen.
Herbert Scheidt (HS): Ich verstehe, dass einige Spieler in der Branche Angst haben, mit ihren Aktivitäten zu konkurrieren, indem sie mit neuen Spielern kooperieren oder einige ihrer Dienste zu niedrigeren Kosten online anbieten. Es macht jedoch keinen Sinn, sich von der technologischen Entwicklung fernhalten zu wollen. Wie Michail Gorbatschow seinerzeit sagte: „Wer zu spät kommt, wird lebenslänglich bestraft.“ Sie können Ihren Wettbewerbsvorteil sehr schnell verlieren, wenn Sie sich von technologischen Entwicklungen und den Möglichkeiten von Unternehmen, die neue Geschäftsmodelle einführen, fernhalten.
„Wir sind zuversichtlich, dass wir mit Deutschland die Nachhaltigkeit der bestehenden Marktzugangslösung aufrechterhalten können.“
Eine weitere häufig gestellte Frage ist der Zugang zu den wichtigsten Märkten für den Schweizer Bankensektor, insbesondere in der Europäischen Union. In Ermangelung eines Rahmenabkommens mit der Europäischen Union setzt der Schweizer Finanzsektor seine Bemühungen fort, weitere bilaterale Fragen mit verschiedenen Ländern zu verhandeln. Dies ist beispielsweise bei dem mit dem Vereinigten Königreich ausgehandelten Abkommen über Finanzdienstleistungen der Fall. Sind Verhandlungen über bilaterale Abkommen der richtige Weg für den Finanzplatz Schweiz?
HS: Die Fortsetzung der bilateralen Verhandlungen mit verschiedenen Ländern ist jetzt der beste Weg. Sobald mit einigen EU-Ländern Einigungen erzielt werden, hoffen wir, dass andere Mitgliedsstaaten nachziehen.
In Bezug auf Deutschland implizieren Sie, dass Sie den Status quo beibehalten wollen. Was ist das Problem?
HS: Mit Deutschland sind wir zuversichtlich, die Nachhaltigkeit der derzeit mit den deutschen Behörden bestehenden Marktzugangslösung, also des bereits in Kraft getretenen Freizügigkeitsabkommens, aufrechterhalten zu können.
„Uns fehlen immer noch die Instrumente, um den ökologischen Fußabdruck jedes Unternehmens zu messen.“
Nachhaltige Entwicklung ist derzeit das andere Hauptthema. Wie kann der Finanzplatz Schweiz zu mehr Transparenz in diesem Bereich beitragen?
J. G.: Im ersten Schritt ist es essenziell, dass die Kunden ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele selbst definieren können. Manche Kunden priorisieren klimaneutrale Investitionen, andere wollen nur in Unternehmen investieren, die zur Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes beitragen.2Während einige von ihnen damit zufrieden sind, nicht die umweltschädlichsten Unternehmen zu besitzen. Schließlich gibt es auch Kunden, die mehr Wert auf soziale als auf ökologische Aspekte legen.
Sollte für Einzelhandelskunden, die keine speziellen Kenntnisse zu diesem Thema haben, nicht ein einfacheres Bewertungssystem eingerichtet werden, wie bei Farbschemata für Kühlschränke oder Autos?
J. G.: Das ist nicht so einfach, denn dafür müssen wir uns auf gemeinsame Standards in Sachen Nachhaltigkeit verlassen können. Uns fehlen immer noch die Instrumente, um den ökologischen Fußabdruck jedes Unternehmens zu messen. Schwieriger ist es bei großen Gruppen. Samsung wird beispielsweise von den meisten als Elektronikhersteller bezeichnet – doch nur wenige wissen, dass der koreanische Mischkonzern auch Kohlekraftwerke in Vietnam betreibt.
HS: Eine weitere Schwierigkeitsquelle betrifft die Frage nach aktiven oder passiven Anlagen. Meiner Meinung nach ist es mit aktiv gemanagten Anlagen definitiv einfacher, sein Geld nachhaltig anzulegen. Tatsächlich kann davon ausgegangen werden, dass ein aktiver Manager über ausreichende Fähigkeiten verfügt, um Unternehmen mit einer zufriedenstellenden oder unbefriedigenden Umweltbilanz zu identifizieren. Beim passiven Management erscheint mir das weniger realistisch.
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